Sonntag, 16. Juni 2013

So, ich bin jetzt auch'n Blogger (Whatever that is...)



Nerd-Brille auf, das Notebook mit dem Apfel an (was ich beides NICHT habe) und ab geht’s in die Subkultur der Latte-Macchiato-Bourgeoisie, morgens halb Zehn in Deutschland. Jo, bloggen … mein Blog, dein Blog – Pflock ins Herz fällt mir da irgendwie grade ein. 

Letztens wieder beobachtet, in einem Café meines Vertrauens mit den gefühlt tausend, oft nicht auszusprechenden Warmgetränken.

Vertieft in einen äußerst bemerkenswerten Artikel über das Paarungsverhalten australischer Dingos, merkte ich fast gar nicht, wie sich vor mir am Nachbartisch ein junger Mann von Mitte 20 äußerst angespannt nieder und seinen Blick ins Leere schweifen ließ. „Schläft er ?“, dachte ich. „Träumt er ?“ oder ist dies das erste Anzeichen eines kalten Koffein-Entzugs, den er gleich wieder zunichtemachen würde ?

Nein !!! Er wartete einfach nur auf eine Dame, wie sich nun herausstellte.

Diese betrat den Raum ebenso sichtlich angespannt, warf ihm ein kurzes Lächeln zu und begrüßte ihn mit einem Küsschen links und rechts. Die beiden schienen sich nur bedingt zu kennen und es war ziemlich klar, daß dies das obligatorische „erste Date“ sein sollte. Sichtlich irritiert über das sich nun anbahnende Schauspiel konnte ich mich gar nicht mehr auf meine Lektüre konzentrieren. Sie saßen ja auch direkt vor meinen Augen, also was sollte ich machen ??? Ich hatte keine Chance … Verdammt dachte ich, klettert nun so ein männlicher Dingo aus Balzgründen ohne deutschen TÜV einfach so auf einen steilen Felsvorsprung oder tanzt den Moonwalk wie die südamerikanische Gelbhosenpipra, nur um ein Weibchen zu beeindrucken ? Diese Frage sollte sich mir nun nicht mehr beantworten.

Nächste Szene …

die beiden bestellten sich ihren „Double Chocolate-Strawberry-Cake-Latte“ mit fettarmer, laktosefreier Biomilch und Karamell-Topic … puhhhh, Moment ich brauch mal ne Pause, langes Wort … und widmeten sich wieder ihrem Smalltalk.

Ums gleich vorwegzunehmen, der junge Mann war äußerlich ein richtiger Frauentyp, gutaussehend, groß und sportlich. Doch er war wie paralysiert, konnte sich nur schwer ausdrücken und hatte einfach keinen Plan, was er überhaupt sagen sollte. Die Frau gab ihm am Anfang eigentlich klare Zeichen, daß sie sich in seiner Gegenwart sehr wohl fühlte, sie strich sich durchs Haar, schaute ihn verträumt an und erweckte den Eindruck, daß sie ziemlich angetan von ihm war. Doch die Stimmung kippte leider zusehends und ich sah wie er leider immer weiter ungebremst in sein persönliches Date-Fiasko schlitterte.

Er hätte seinen Schwarm bestimmt erobern können, indem er von seinen Leidenschaften und Träumen erzählt und versucht hätte, sie auf diese Reise mitzunehmen. Wenn er ihr bildhaft beschrieben hätte, wie er sich sein Leben vorstellt, was er gerne erreichen wolle und was das wohl Verrückteste ist, was er schon immer vor hatte zu erleben. Aber er tat es nicht. Die direkte, emotionale Verbindung fehlte und er wich ihren Blicken aus Scham leider immer wieder aus. Das konnte man gut sehen. „Schade“, dachte ich ständig, er tat mir wirklich Leid. Ich bin mir auch sicher, daß er so etwas bestimmt in petto gehabt und auch am liebsten über solche Dinge geredet hätte. Aber er tat es einfach nicht. Als er schließlich zum dritten mal von seinem Bürojob, seiner Krankheitsgeschichte und (Achtung Supergau !!!) von seiner aktuellen Ex anfing, wusste ich, daß es das war.

Er war gescheitert ! Nicht an sich als Person, sondern an seiner eigenen Courage, an seinem eingeredeten Selbstbild, seinem geringen Selbstbewusstsein und seiner ständigen Angst zu versagen. Von solchen Szenen sieht und hört man leider immer mehr. Männer trauen sich nicht mehr Mann zu sein, strahlen keine natürliche Dominanz aus und halten sich für nicht gerade überzeugend. Doch Frauen sehnen sich gerade nach „diesen“ Männern. Sie sollen auch keine Übermenschen sein und sich verstellen, sich verkleiden oder schauspielern, sondern einfach nur sie selbst. Sie sollen mit sich im Reinen und mit ein bisschen Charme und Charisma die Auserwählte begeistern und ihr ein Fels in der Brandung sein …

Hmm … ist das heute etwa wirklich alles so schwierig ??? Nein ... wenn man solche Probleme erkennt, sich ihnen annimmt und wieder seine innere Stimme findet, ja dann und nur dann, klappts auch mit der Nachbarin. Versprochen. ;-)

Ihr fragt euch jetzt bestimmt, was aus diesen beiden geworden ist ? Nun ja, eine Woche später begegnete mir die junge Frau sichtlich fröhlich und verliebt in einer Bar wieder. Doch an ihrer Seite war nicht dieser arme Kerl vom letzten Mal, sondern ein eigentlich eher unscheinbarer Typ. Man musste sie nicht lange beobachten, um zu erkennen, wie sehr sie ihm aus der Hand fraß und ihn regelrecht anschmachtete.

Irgendetwas schien er in ihr auszulösen und ich ahnte was es war …

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